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Menschen haben keinen Not-Aus-Schalter!

„Früher war die Arbeit der Mittelpunkt meines Lebens. Alles habe ich getan, um an die Stelle zu kommen, die ich jetzt habe. Und als ich sie endlich hatte, da habe ich jeden Tag zwölf Stunden und mehr gearbeitet, um sie nur behalten zu können. Meine Familie - wenn ich ehrlich bin - die hatte nicht viel von mir in dieser Zeit. Manchmal hatte ich schon ein schlechtes Gewissen, aber dann habe ich mir gedacht: Du machst das doch alles nur, damit es deiner Familie gut geht. Das schöne Haus, dass deine Frau ganz und gar daheim bleiben kann bei unserem Sohn und nicht arbeiten muss, ein schöner Urlaub, wo wir mal so richtig Familie erleben - das können wir uns nur leisten, wenn ich diese Stelle behalte.“

Offen und ehrlich erzählt Herr Maier wie zunächst seine Familie und dann sein Beruf in die Krise geraten sind. Irgendwann nämlich war seine Frau das ewige Allein-Sein satt. Sie lernte einen Mann kennen, der ihr das schenkte, was sie brauchte: Zeit, um miteinander zu reden und Verständnis für ihre Situation und ihre alltäglichen Sorgen. Mit diesem Mann begann sie eine Beziehung neben ihrer Ehe: Sie rief ihn immer wieder an, um sich ihre Sorgen von der Seele zu reden und um von ihm das zu bekommen, was sie von ihrem Mann nicht mehr erhielt: Zuneigung, Komplimente, Wertschätzung für ihre Talente und Fähigkeiten.

„Es war ein absoluter Schock für mich, als ich plötzlich mitbekommen habe, dass es noch einen Mann gibt in ihrem Leben. Ich bin zur Arbeit gegangen wie betäubt. Den ganzen Tag konnte ich an nichts anderes mehr denken. Ich saß an meinem Schreibtisch und der Kopf war absolut leer. Auf nichts konnte ich mich konzentrieren. Wie sollte es weiter gehen? Was konnte ich tun? Und was wollte ich überhaupt? Diese Fragen waren auf einmal viel wichtiger als alles, was mit meiner Arbeit zu tun hatte. Und dieser Zustand ist seitdem so geblieben. Solange ich keine Klarheit darüber habe, ob es für unsere Beziehung noch eine Chance gibt, kann ich meine Arbeit nicht mehr so machen wie vorher.“ Auch den Arbeitskollegen blieb es nicht verborgen, dass Herr Maier „völlig durch den Wind“ war.  Aber keiner wusste genau, was los war, denn auf der Arbeit wollte er mit niemandem über seine Familie reden. „Aber wissen Sie, was das Seltsamste ist: Auf einmal ist mir gar nicht mehr wichtig, immer der Tüchtigste zu sein. Ich lerne gerade ganz schmerzhaft, dass es für mich und in meinem Leben Wichtigeres gibt als die Arbeit und die Karriere.“

Herr Maier ist nicht allein: Familiäre Probleme nehmen viele Menschen mit an den Arbeits­platz. Weil aber moderne Arbeitswelten hundertprozentige Konzentration erfordern, gibt es keinen Raum dafür. Die Konzentration trotz der Probleme aufrecht zu erhalten, erfordert ein hohes Maß an seelischer Energie. Gelingt es, fehlt diese Kraft oft dann, wenn es darum geht, die Probleme in der Familie anzugehen. Gelingt es nicht und lässt die Leistung nach, kommt oft noch ein zweites Problem dazu.

Menschen sind keine Maschinen. Sie sind eingebunden in soziale Netze, die weit über den Arbeitsplatz hinausgehen und die Ihnen Freude und Kraft schenken, aber manchmal auch Sorgen und Kraftaufwand mit sich bringen. Und Menschen können ihre Gefühle und Gedanken nicht einfach abstellen wie Maschinen ihre Stromzufuhr. Deshalb muss sich eine menschliche Arbeitswelt auch daran messen lassen, ob sie Menschen Raum gibt, mit ihren Nöten umzugehen.